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Schneiders Rhönführer – Rhönpapa, Rhönsohn & Rhönenkel im Land der offenen Fernen

Gastbeitrag von Michael Knauf

Im Jahr 1877 publizierte Dr. Justus Schneider aus Fulda zum ersten Mal den Rhönführer. Diese hochwertige, sehr detaillierte und illustrierte Broschüre war zu dieser Zeit ein Meisterwerk unter den Neuerscheinungen.

Sein Vater Dr. Johann Joseph Schneider gab schon in den Jahren 1816 und 1840 umfassende naturhistorische Beschreibungen über das Rhöngebirge heraus und war Vorbild für Sohn und Enkel.

Sanitätsrat Dr. Gustav Schneider (Enkel) setzte das Werk seiner Vorfahren weiter fort und veröffentlichte kurz nach dem ersten Weltkrieg zum 15. Male den „Schneiders Rhönführer“.

Dr. Johann Joseph Schneider, auch Rhönpapa genannt, erblickte am 15. Oktober 1777 das Licht der Welt. Er wirkte fast fünfzig Jahre als niedergelassener Arzt im thüringischen Apolda, hier soll er – nach eigener Statistik – über 50.000 Patienten aus der Rhön versorgt und behandelt haben.

Schon 1835 konnte Dr. J.J. Schneider (Rhönpapa), die Rinderpockenepidemien in der Rhön besiegen, indem er eine ganz neue Rinderpockenimpfung großflächig zum Einsatz brachte.

Nach 37 Jahren kinderloser Ehe, verstarb seine Frau Therese Berta. Mit 60 Jahren und nach zehn Jahren als Witwer heiratete er die Färbermeistertochter Katinka Singhoff, eine echte Rhönerin aus Tann im Ulstertal. Mit 65 wurde er Vater, dieses Jahr soll das glücklichste seines Lebens gewesen sein.

Dr. med. Justus Schneider

Sein Sohn Justus Schneider wurde am 15. Februar 1842 im Kurfürstentum Hessen in Fulda geboren. Nachdem er ab 1851 das „Kurfürstliche Gymnasium“ in der Domstadt Fulda besuchte, studierte er in Würzburg und Marburg Medizin.

Justus Schneider eröffnete mit 25 Jahren 1867 seine eigene Praxis als praktischer Arzt und Geburtshelfer in Fulda. 1868 heiratete er die aus Würzburg stammente Katinka Oberle. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter und 1870 der Sohn Gustav hervor.

Durch seine Reisen in die Rhön und durch viele Begegnungen und Gespräche mit den Gebirgsbewohnern, sowie seine Arbeiten als Landarzt, fasste er den Entschluss einen Rhönverein zu gründen.

Auch um die Rhön noch besser zu erschließen, touristisch zu vermarkten und die wirtschaftlichen und hygienischen Verhältnisse der Landbevölkerung grundlegend zu verbessern.

Am 6.August 1876 wurden durch Abordnungen aus der gesamten Rhön in Gersfeld der „Rhönklub“ gegründet. Der erste Präsident war Dr. Justus Schneider.

Auf seine Initiativen hin kamen der Bau der Eisenbahnlinien Fulda-Gersfeld und Fulda-Hilders-Tann (Bibertalbahn), sowie der Bau von Schutzhütten, Aussichtstürmen und der Ausbau der Wanderwege-Infrastruktur zu Stande.

Sommer-und Winterfahrplan der Rhönbahnen, Gültig ab 1. Mai 1912

Im Jahr 1882 wurde Justus Schneider zum Kreiswundarzt berufen, 1884 kam die Ernennung zum Kreisphysikus und 1886 wurde er Direktor des Fuldaer Landkrankenhauses.

Besonders am Herzen lag ihm die Milseburg, so konnte im Jahr 1884 durch den Rhönklub (Eigentümer), die Milseburghütte erbaut werden. Am 6.Januar 1892 erfolgte durch Justus Schneider und den Rhönklub die Eröffnung des Wanderjahres, welche auch heute noch mit der Dreikönigswanderung zur Milseburg Tradition ist.

Milseburg Kapellenneubau 1934

Mit seinem 1892 veröffentlichten Buch über die Geschichte der Milseburg („Perle der Rhön“), wurde diese neben der Wasserkuppe zum meistbesuchten Berg der hessischen Rhön.

Im Jahr 1903 erfolgte die Berufung zum Geheimen Sanitätsrat. Das ehrenvolle Amt als Präsident des Rhönklubs begleitete er bis zu seinem Tod am 8. April 1904.

Schon zwei Jahre nach seinem Tod konnte am 15.Juli 1906 auf der Milseburg (835 m) eine Dr. Justus Schneider Bronze-Gedenktafel durch den Rhönklub enthüllt werden.

Bronze-Gedenktafel von Dr. Justus Schneider auf der Milseburg

Außerdem wurde eine Quelle, unterhalb der Rother Kuppe ihm zu Ehren „Justus Brunnen“ getauft. Ebenfalls wurde in Gersfeld eine Straße nach „Justus Schneider“ benannt.

Sein Sohn Sanitätsrat Dr. Gustav Schneider (Rhönenkel) führte das Erbe seiner Vorfahren auch unter extrem schwierigen Bedingungen mit sehr großem Arrangement und Eifer weiter.

Zwischenzeitlich hatten sich, durch die unselige Grenzziehung, die Verhältnisse in der Rhön total verändert. Der Rhönführer musste an die nun bestehenden Begebenheiten verändert, überarbeitet und angepasst werden.

Schneiders Rhönführer von 1928

Für diese zeitraubende und schwierige Publikation fand er zum Glück einen feinsinnigen Mitautor, den Studienrat Hugo Scholz aus Hünfeld. Herr Scholz war vorher einige Jahre als Lehrer an der ehemaligen Latein-Schule in Geisa/Rhön tätig.

Trotz aller politischen Widrigkeiten der deutschen Teilung wurde im Büchlein nie außer Acht gelassen, dass jenseits der leidigen Grenze der andere Teil unserer Rhön lag und auch hier Rhöner wirkten, arbeiteten und lebten. Im Jahr 2005 konnte die 25. Ausgabe von Schneiders Rhönführer veröffentlicht werden.

Nach Erzählungen und Überlieferungen, soll in einem sehr alten Fremdenbuch des Franziskaner – Kloster Kreuzberg (932m), unter den Eintrag des König Ludwig I. von Bayern geschrieben stehen: „Dr. Joseph Schneider als Rhönpapa, Therese als Rhönmama.“

Milseburg Kapelle vom Gipfel aus gesehen

Während eines Aufenthaltes auf dem Kreuzberg 1878, zeigte der Pater Guardian dem Rhönsohn Justus und dem Rhönenkel Gustav diesen Schriftsatz.

Auf der Bitte des Paters hin ergänzte Dr. Justus Schneider und fügte hinzu: „Im dankbarem Gedenken Dr. Justus Schneider als Rhönsohn.“ Nun sollte der damals achtjährige Gustav schreiben: „Gustav Schneider als Rhönenkel.“

Vor lauter Aufregung schrieb das Kind „Rhönengel“. Der Vater war verärgert, aber Pater Guardian schlichtete und sagte: „Oh, so lassens’n halt den Rhönengel sein!“

Die damalige Präsidentin des „Rhönklubs“ Frau Regina Rinke würdigte im Jahr 2004 in einem Geleitwort den „Schneiders Rhönführer“:

„Das praktische Taschenbuch gilt, trotz der kleinen handlichen Form, als das inhaltsreichste Nachschlagewerk über das „Land der offenen Ferne“, die Rhön.

Namhafte Autoren haben in Ihren Beiträgen neuste Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte und die Landschaft der Rhön sowie ihre Besiedlung eingebracht.

Die Entwicklung in Wirtschaft und Industrie finden ebenso ihren Niederschlag wie das Wandern, die Wegemarkierung, Kultur und Brauchtum, der Naturschutz und das Biosphärenreservat Rhön.

Der interessierte Besucher dieses Mittelgebirge findet alles Wissenswerte über Flora und Fauna, sowie über die Kunst, aber er erhält auch Auskunft über Bäche und Berge und über sämtliche Wanderwege des Rhönklubs.“

Wer mehr über das Leben und Wirken der Schneiders erfahren möchte, den möchten wir folgende Bücher empfehlen:

Hans G.Schultz: Auf zur Rhön. Lebensbild des geheimen Sanitätsrats Dr.med.Justus Schneider.
Verlag Parzeller , Fulda 1992, ISBN 3-7900-0216-X.

Gerhilde Kramm: Schneiders Rhönführer. Offizieller Führer des Rhönklubs. 26. Auflage. Verlag Parzeller,Fulda 2008, ISBN 978-3-7900-5, Seiten 9-10 und Seite 105.

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