Gastbeitrag von Rüdiger Christ
Mit einem selbst gefertigten Pappschild mit der Aufschrift „DAS 8. GEBOT“ (Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten) war Birgitt Atlas zur Protestveranstaltung zum Erhalt des Arztsitzes in Unterbreizbach gekommen.
Nicht von Pappe war dagegen eine Unterlassungserklärung die Unterbreizbachs Bürgermeister Roland Ernst (pl) ins Bürgermeisteramt geflattert war.
Eine von Frau Dr. med. Jessica Klüber beauftragte Anwaltskanzlei forderte darin Ernst auf, Aussagen im Zusammenhang mit ihrem Wechsel nach Geisa zu unterlassen.
Der veröffentlichte Brief von Bürgermeister und Gemeinderat sieht die Anwaltskanzlei kritisch, weil der Brief nach Angaben Unwahrheiten enthält und einseitig geschrieben war.
Roland Ernst zitierte die Punkte aus dem Anwaltsschreiben und den Brief den er veröffentlicht hatte.
Ich verpflichte mich, es zu unterlassen, die Verlegung des Kassenarztsitzes von Frau Dr. Klüber als „fast schon kriminell und von langer Hand vorbereitet, zu bezeichnen,“ so Roland Ernst.
Von den Teilnehmer*innen der Protestveranstaltung wurde dies mit Erstaunen und auch teils empört aufgenommen.
Roland Ernst informierte weiter darüber, dass er die Unterlassungserklärung unterschrieben habe.
Ernst nannte den Vorgang einen Arztsitz von einer Kommune in eine andere zu verlegen als „eine neue Qualität des Wettstreits unter den Kommunen. So kann man nicht miteinander umgehen“, ist die Meinung des Unterbreizbacher Bürgermeisters.
„Mit der Nachbargemeinde Vacha wäre so ein Umgang undenkbar“, so Roland Ernst weiter.
Unterbreizbachs 1. Beigeordneter Roland Gimpel, wies darauf hin, dass der Gemeinderat Frau Dr. Klüber keine Steine in den Weg gelegt habe.
„Wenn sich Frau Dr. Klüber in Unterbreizbach nicht wohlgefühlt hat, dann hätte sie Unterbreizbach wieder verlassen können. Doch ohne die Mitnahme des Arztsitzes“.
Gimpel informierte darüber, dass seit dem Wochenende 1.880 Unterschriften für den Erhalt des Arztsitzes in Unterbreizbach zusammengekommen sind. Auch in zwei Apotheken in Vacha wurden Unterschriften gesammelt.
Altbürgemeister Meinhard Pforr (CDU) fühlt sich durch die Protestveranstaltung an die Wendezeit erinnert. Pforr hatte sich besonders um einen Bauplatz für Frau Dr. Klüber in Unterbreizbach bemüht. Stutzig machte ihn dabei eine Aussage von Frau Dr. Klüber als diese einmal zu ihm sagte:
„wenn ich in Geisa bauen wollte, dann würde mir dort der rote Teppich ausgerollt“.
Gemeinderätin Elvira Fischer (CDU) outete sich in der Diskussionsrunde als „Geiser Mädchen“. Fischer rief zu einer Protestfahrt nach Weimar zur Kassenärztlichen Vereinigung auf, um den Unterbreizbacher Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Auch Klaus Scheibenpflug und Elsbeth Erbsmehl beteiligten sich an der teilweise sehr emotional verlaufenden Diskussion. Beide machten aus ihrer Enttäuschung über den drohenden Verlust des Arztsitzes ebenfalls keinen Hehl.
Scheibenpflug sieht dabei die Thüringer Landespolitik in der Plicht. „Die Entwicklung des ländlichen Raums darf nicht weiter unter die Räder kommen“, so der Unterbreizbacher Senior.
Erfreut zeigte sich Bürgermeister Roland Ernst über eine Email aus dem Landratsamt. Landrat Reinhard Krebs (CDU) und Beigeordneter Martin Rosenstengel (CDU) sagten beide ihre Unterstützung für den Erhalt des Arztsitzes in Unterbreizbach zu.
Auch die Landtagsabgeordnete Anja Müller (DIE LINKE) sprach sich in einer Email an Bürgermeister Roland Ernst für den Erhalt des Arztsitzes aus. Müller schlug vor, die gesammelten Unterschriften am Freitag in Bad Salzungen an Thüringens Sozialministerin Heike Werner (DIE LINKE) zu überreichen.
Abschließend ließ der Bürgermeister seine Hoffnung durchblicken, dass es vielleicht auch eine Lösung über das MVZ (Medizinische Versorgungszentrum) des Wartburgkreises geben könnte.