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Green Care in der bayerischen Rhön – Psychische Gesundheit durch die Natur gestärkt

Im Projekt „Green Care – Natur und psychische Gesundheit“, das gemeinsam vom Biosphärenreservat Rhön, bayerischer Teil, sowie der Biosphärenregion Berchtesgadener Land umgesetzt wird, liegen nun die wissenschaftlichen Ergebnisse der Begleitforschung vor.

Im Rahmen des Projekts wurde untersucht, inwiefern angeleitete Aufenthalte in der Natur Menschen, die an Depressionen erkrankt sind, helfen und diejenigen, die präventiv etwas gegen Burnout und Stresserkrankungen tun möchten, unterstützen können.

Entwicklung naturbasierter Achtsamkeits- und Entspannungsübungen

Hierfür entwickelten die Projektmitarbeiterinnen Meike Krebs-Fehrmann und Katharina Thümer seit November 2018 spezielle Achtsamkeits- und Entspannungsübungen in der Natur, die über drei Jahre mit Gruppen erprobt und angewandt wurden.

In den vierstündigen Sitzungen, die mit jeder Gruppe über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen abgehalten wurden, wurde die Wirkung der Übungen wissenschaftlich evaluiert, um Empfehlungen darüber geben zu können, wie sich diese zukünftig sinnvoll im Gesundheitsbereich einsetzen lassen.

Eine weitere Fragestellung bezieht sich darauf, inwiefern diese Übungen naturschützende Handlungsbereitschaften erhöhen.

Das interdisziplinäre Projekt wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zu gleichen Teilen mit insgesamt 810.000 Euro finanziert.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek betonte: „Gar nicht erst zu erkranken, sollte immer das erste Ziel sein – insbesondere mit Blick auf Krankheiten, die auch durch den individuellen Lebensstil beeinflusst sind.

Gerade in unserer schnelllebigen und von Stress geprägten Welt ist es umso wichtiger, sich bewusst Zeit für Entspannung und Entschleunigung zu nehmen. Die Natur und der Wald bieten dafür viele Möglichkeiten.

Intensive Sinneswahrnehmungen und achtsames Erleben der Natur können helfen, gerade auch psychischen Krankheiten vorzubeugen – oder sie zu heilen. Das zeigen auch die Ergebnisse des Modellprojekts ‚Green Care‘.“

Der Minister ergänzte: „Besonders die Nutzung des Waldes zur Gesundheitsförderung und zum Stressabbau beschäftigt mich schon seit einigen Jahren. Schon als Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbandes habe ich darauf hingearbeitet, im Freistaat Kur- und
Heilwälder einzurichten. 2022 wurden nun erstmals in 13 Gemeinden Kurwälder zertifiziert, drei davon gelten sogar als Heilwälder.

Sie haben das Qualitätssiegel ‚Waldgesundheit‘ erhalten. Bayern ist hier Vorreiter. Dies unterstreicht auch die Gründung des Kompetenzzentrums für Waldmedizin und Naturtherapie in Bad Wörishofen.“

Umweltminister Thorsten Glauber stellte zudem dar: „Unsere wunderschöne bayerische Naturheimat ist Balsam für unsere Seele. In der Natur tanken wir Kraft und Energie. Das Modellprojekt zeigt, wie wichtig ein Aufenthalt in der Natur für die Gesundheit der Menschen ist. Deshalb möchte ich jeden ermutigen, sich mehr Zeit für eindrucksvolle und gleichzeitig heilsame Naturerlebnisse zu nehmen.“

Die Forschung wurde von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe begleitet, der neben den beiden Ministerien, auch Vertreterinnen und Vertretern der Regierungen von Oberbayern und Unterfranken, verschiedener bayerischer Universitäten, Expertinnen und Experten aus der Kurortmedizin, der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns angehörten.

Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung: Angebote sind innovativ und wirksam

Die unabhängige wissenschaftliche Begleitung erfolgte von Dezember 2019 bis April 2023 durch das Evaluationsteam von Prof. Dr. Elisabeth Kals, Professur für Sozial- und Organisationspsychologie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Über drei Jahre wurden 227 Fragebögen in den klinischen und 133 in den präventiven Experimental- und Kontrollgruppen erhoben. Neben einer Evaluierung der Gruppenangebote durch Fragebögen, rundeten Experteninterviews das Forschungsdesign ab.

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung zeigen u. a., dass als wohltuend empfundene Gefühle durch die Übungen in der Natur verstärkt wurden, während als belastend empfundene Gefühle durch die Angebote abgeschwächt werden konnten.

Dadurch können sowohl Patientinnen und Patienten mit Depressionen aus Rehakliniken (Kooperationspartner waren die Klinik Alpenland Bad Reichenhall sowie die Klinik für psychosomatische Rehabilitation der HESCURO KLINIKEN Bad Bocklet) als auch gesunde Menschen aus der Allgemeinbevölkerung im präventiven Bereich von achtsamkeits- und entspannungsbasierten Angeboten in der Natur profitieren.

Auch drei Monate nach den Gruppenangeboten war diese Wirkung noch messbar, was darauf hindeutet, dass die Übungen von den Teilnehmenden im Alltag integriert werden konnten und positiv sowie nachhaltig wirken.

Ein Grund für den leichten Übertrag in den Alltag liegt darin, dass Natur- und Kulturlandschaften unterschiedlicher Ausprägung für die
Durchführung der Übungen geeignet sind.

So konnten sowohl in abgeschiedenen Waldgebieten als auch in städtischen kleineren Waldstücken und auf Wiesen dieselben positiven Ergebnisse nachgewiesen werden.

Im klinischen Bereich fällt auf, dass insbesondere Patientinnen und Patienten mit einem höheren Grad an Depression bei der Aufnahme von den Gruppenangeboten profitiert haben.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass die emotionale Naturverbundenheit, die eine wichtige Voraussetzung für die Bereitschaft zu naturschützendem Handeln ist, durch die Angebote gestiegen ist. Die durchgeführten Angebote sind demnach innovativ und wirksam.

Bis zum offiziellen Projektende September 2023 wird eine Infobroschüre mit Hintergründen für die Allgemeinbevölkerung erstellt, in der eine Auswahl der Übungen für die praktische Anwendung im Alltag enthalten ist.

Hintergrund: Green Care – warum in den Biosphärengebieten?

Die Biosphärenregion Berchtesgadener Land und das Biosphärenreservat Rhön wurden von der UNESCO 1990 bzw. 1991 als Modellregionen für nachhaltige Entwicklung ausgezeichnet und gehören damit zu einem Weltnetz von über 700 Biosphärenreservaten.

Beide Biosphärengebiete zeichnen sich durch eine besonders charakteristische Natur- und Kulturlandschaft aus. Ihr Erholungswert stellt die wesentliche Grundlage eines naturaffinen Gesundheitstourismus dar und ist gleichermaßen für eine gesundheitsbezogene Nutzung des Naturraums durch Einheimische prädestiniert.

Außerdem verfügen beide Regionen über eine bedeutende Kurtradition mit berühmten Kurorten und Heilbädern. Erholung und Gesundheit sind vor Ort bedeutende Faktoren, was auch daran sichtbar wird, dass beide Biosphärengebiete als Gesundheitsregionplus ausgezeichnet wurden.

Zu den Aufgaben von Biosphären gehört es u.a. neue Methoden zu gesellschaftlichen und nachhaltigkeitsbezogenen Herausforderungen zu erproben und Lösungsansätze zu entwickeln, immer mit dem Fokus „Mensch und Natur im Einklang“.

Zu diesen gesellschaftlichen Herausforderungen gehört auch die Zunahme an Stresserkrankungen und Depressionen, wodurch nicht nur finanzielle Belastungen im Gesundheitssystem und in Betrieben durch erhöhte Krankheitsausfälle entstehen, sondern auch ein starker
Leidensdruck und Einschränkungen in der Lebensqualität bei den Betroffenen.

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