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Die Geschichte der Ruinen – Die Wallfahrtskapelle „St. Annen“ zu Vacha

Gastbeitrag von Michael Knauf

Vacha, die bunte Stadt vor der Rhön, verfügt über einige bekannte Sehenswürdigkeiten, wie die historische Werrabrücke, die Burg Wendelstein, die evangelische Johanneskirche, die Klosterkirche, den mittelalterlichen Marktplatz mit Stadtbrunnen und der alten Münze aus dem 12. Jahrhundert.

Die „Widmarckt“, das Rathaus im Jahr 1613/1614 im hessischen Renaissancestil erbaut, ist eines der sehenswertesten Amtshäuser in der Bundesrepublik. Die Kemenate, Stadtmauerreste, die Stadtmauertürme und der bekannte Storchenturm sind ebenfalls sehenswert.

Die St. Annen Kapelle (Ruine) ist weniger bekannt und es wird eher in der Fachliteratur über sie berichtet. Die St. Annen Kapelle im Volksmund auch „Genantskirche“ genannt, befand sich auf einer Anhöhe im Südosten, vor dem Obertor der Stadt Vacha.

Heute stehen nur noch Ruinen, welche aber durch ihre Mächtigkeit die einstigen Größenverhältnisse eines Sakralbaues erahnen lassen.

Die Klosteranlagen in Mariengart waren eine Nebenstelle des Serviten Orden von Vacha

Die verbreitete Annahme, dass es während des Deutschen Bauernkriegs zu einer Zerstörung der „St. Annen“ Wallfahrtskapelle kam, ist nicht belegt.

Vielmehr ist anzunehmen, dass durch die Reformation und die damit verbundene Auflösung des Klosters um 1527, die Kapelle dem Verfall ausgeliefert war.

Auch sollen Baumaterialien, wie die Steine der Kapelle, zur Reparatur der Stadtbefestigungsanlagen und zu anderen Neubauten Verwendung gefunden haben.


Die heutige Ruine ist ein alter quadratischer Bau von ca. 6,5 Meter Seitenlänge, dessen Mauern an einigen Stellen noch 7 Meter hoch erhalten sind.

Direkt unter den Mauerresten der Ruine befinden sich architektonische Formen, die auf das Vorhandensein einer Rundkirche aus dem frühen Mittelalter des 12. oder 13. Jahrhunderts schließen lassen.

Ursprünglich soll der heilige Bonifatius an gleicher Stelle eine Kapelle aus Holz errichtet haben, die für viele Jahrzehnte ein Wallfahrtsort gewesen war.

Ein Serviten Konvent, der sich ab 1339 in Mariengart/Rhön in einem eigenen Kloster angesiedelt hatte, zog aus Sicherheitsgründen und mit der Erlaubnis von Abt Heinrich von Fulda im Jahr 1368 nach Vacha um.

Hier entstand ein neues Kloster, wozu die Klosterkirche (heute als Friedhofskapelle genutzt) und die St. Annen Kapelle gehörten. Die Klosteranlagen von Mariengart wurden zu einer Nebenstelle des Serviten Orden von Vacha.

Am St. Annenaltar auf der Anhöhe vor dem Obertor hatten die Serviten-Mönche regelmäßige Messen zu lesen.

Um Licht in die Geschichte der St. Annen Kirchenruine zu bringen, arbeiteten der damalige Stadt-Chronist von Vacha, Autor und Heimatforscher Hans Goller, der Vermesser und Heimatforscher Gerhard Sennhenn und der Heimatforscher und Historiker Josef Poschmann an weitgehenden, archäologischen Ausgrabungen und Vermessungen.

Diese Untersuchungsarbeiten, die in mehreren Etappen durchgeführt worden sind, nahmen drei Jahre in Anspruch (1960-1963) und brachten viele fundamentierte geschichtliche Erkenntnisse.

So wurde ein größerer Chor ausgegraben, in dem sich noch Reste eines kleineren Chors direkt neben der zu vermutenden Sakristei befanden.

Wahrscheinlich bekam die St. Annen Wallfahrtskapelle im 15. Jahrhundert ihren Namen. In dieser Zeit erfolgte ein wahrer Kult um die Heilige Anna in Europa, besonders in den katholischen Gegenden.

Sie war die Mutter von Maria und die Großmutter von Jesus. Die Serviten-Mönche nannten sich auch Marienknechte.

Nach urkundlichen Belegen zufolge hat am 30. Januar 1440 das Vachaer Ehepaar Irmgard und Johannes Witzel, mit Sohn Johannes, dem Serviten-Konvent ihr Gut zu Pferdsdorf verkauft.

Die Klosteranlagen in Mariengart waren eine Nebenstelle des Serviten Orden von Vacha

Die Einkünfte aus dem Guts-Betrieb sollten für Messen auf dem St. Annen Altar verwendet werden. Im Jahr 1506 wird ein Johannes Treuther als Vikar auf St. Annen benannt.

Ab 1527 führt Heinrich Grolich das Vikar-Amt weiter und erhält noch bis 1539 Zinsguthaben vom St. Annen Lehn.

Wer nähere Einzelheiten über die St. Annen-Kapelle erfahren möchte, dem empfehlen wir nachfolgend aufgeführte Literatur und Internetseiten:

– Vacha und sein Servitenkloster im Mittelalter, Autoren Waldemar Küther und Hans Goller,1971, Böhlau Verlag Köln Wien, ohne ISBN-Nummer

– Vacha und seine Nachbargemeinden im Oechsetal, Autoren Olaf Ditzel und Walter Höhn, 2011, Michael Imhof Verlag Petersberg

– Beiträge zur Geschichte der Stadt Vacha, Die Johanneskirche Stadtpfarrkirche zu Vacha, Autor Olaf Ditzel, 2004, Verlag Books on Demand GmbH, ISBN 3-83340-918-5

– Internet:de.wikipedia.org/wiki/St._Annen_(Vacha) und www.thüringen.info/vacha-wallfahrtskapelle-st-annen.html

Nach Aufzeichnungen und Überlieferungen des ehemaligen Stadt-Chronisten von Vacha, Autor und Heimatforscher Hans Goller (†).

Ein besonderer Dank gilt den Vorsitzenden des Heimat und Geschichtsverein von Vacha, Heimatforscher, Autor und Buchhändler Olaf Ditzel. Ohne seine Jahrzehnte langen Recherchen und Forschungen wäre dieser Beitrag nicht möglich gewesen.

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