Gastbeitrag von Sascha-Pascal Schimmel
Sie sind erst seit wenigen Monaten in Deutschland, werden für uns aber eine große Hilfe sein. Patty und Yao aus Thailand zählen seit Mitte Februar zum Pflege-Team der Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld.
Sie berichten, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie es ihnen geht und wie sie sich in Deutschland eingelebt haben.
Patty und Yao haben sich vergangenes Jahr für einen großen Schritt entschieden. Und beide hatten etwas zu kämpfen. Die eine mit sich, die andere mit ihrem Vater.
„Mein Vater wollte nicht, dass ich so weit weggehe“, sagt Patty. Ihr selbst sei die Entscheidung nicht schwergefallen. „Ich musste nicht lange nachdenken.“
Anders ist es Yao gegangen. „Für mich war es sehr schwer“, sagt sie. „Ich hatte große Angst und musste lange nachdenken.“
Vor der Abreise aus Thailand hat Yao noch einmal viel gearbeitet, wie sie sagt. „Damit ich genug Geld habe.“
Patty hingegen hat extrem viel Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden verbracht. „Außerdem habe ich mir auf Youtube Videos über die deutsche Kultur angesehen.“
Die beiden Frauen haben ihre Heimat Thailand verlassen, um in Deutschland zu arbeiten und ein neues Leben zu beginnen. Seit Mitte Februar sind sie Teil des Pflegeteams der Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld.
Patty heißt eigentlich Phatraporn Poromsai, Yaos Name lautet Yaowapa Matsombat. In Thailand habe jeder einen Spitznamen und werde so genannt, sagen beide. Häufig, weil der bürgerliche Name recht lang sei.
Den Weg nach Deutschland haben sich die Frauen mit Unterstützung der Agentur CareVisionCompany (CVC) gebahnt. CVC sitzt im Hessischen Bad Vilbel.
Die Agentur vermittelt Pflegekräfte aus Marokko, Algerien, Tunesien, Thailand und anderen Staaten Südostasiens nach Deutschland. Und hier werden sie dringend gebraucht.
Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln erwartete 2018, dass die Zahl der Pflegekräfte um 44 Prozent steigen muss, um den wachsenden Bedarf ab 2035 zu decken.
Daher ist es auch ein gezieltes Projekt der Helios St. Elisabeth Klinik, mehr Pflegekräfte für unsere Region zu gewinnen.
Das erste Mal hat unsere Klinik am 15. Juni 2022 Kontakt zu CVC aufgenommen. Zu dieser Zeit haben Patty und Yao noch in Bangkok als Krankenschwestern gearbeitet. Die Arbeitsbedingungen dort sind ein Grund gewesen, aus dem sie ihre Heimat verlassen haben.
„In Deutschland ist die Work-Life-Balance besser“, sagt Patty. In ihrem öffentlichen Krankenhaus habe sie einen 40-Stunden-Vertrag gehabt.
„In der Regel habe ich aber 45 Stunden in der Woche gearbeitet, ohne mehr zu verdienen.“ Monatlich hätten beide umgerechnet zwischen 670 und 850 Euro verdient.
Das ist auch bei den im Vergleich zu Deutschland niedrigen thailändischen Lebenshaltungskosten nicht viel. Außerdem hätten sie nur wenige freie Tage gehabt.
„Wir hatten acht bis 13 Urlaubstage im Jahr“, sagt Yao. „Und die konnten wir nur häppchenweise nehmen.“
Der Entscheidung, auszuwandern, ist dennoch zumindest Yao nicht leichtgefallen. „Ich habe eine Großmutter, an der ich sehr hänge“, sagt sie. „Die ist nun Tausende Kilometer von mir entfernt.“
Außerdem habe sie Angst vor der neuen Sprache und dem anderen Wetter gehabt. Umso wichtiger, dass sie sich hinsichtlich aller Ausreiseformalitäten und vielem mehr auf CVC verlassen konnte.
Die Agentur leistet für Fachkräfte, die nach Deutschland kommen, vieles kostenfrei. Unter anderem Sprachkurse, die Übersetzung und Beglaubigung aller Dokumente, Visum und Flug.
Zudem hat sie sich um eine Wohnung für Patty und Yao und deren Einrichtung gekümmert. Nun leben die beiden Frauen aus Thailand, die sich erst in Deutschland kennengelernt haben, gemeinsam in einer WG in Hünfeld.
Das Leben in der WG tut Patty und Yao sichtlich gut. Sie hören sich gegenseitig zu, unterstützen sich in vielen Lebenslagen. Mittlerweile sind sie beste Freundinnen.
„Es ist schön, nicht alleine zu sein“, sagt Yao. „Patty ist eine gute Zuhörerin und eine Art Sitterin für mich.“ Und Patty ergänzt: „Yao hilft mir sehr, sie kümmert sich viel um mich.“ Außerdem lernen die beiden zusammen. Zum einen Deutsch.
Dazu nehmen sie an Online-Sprachkursen teil. Außerdem hilft ihnen ihre Mentorin Sabrina Junker. Frau Junker arbeitet in der Helios St. Elisabeth Klinik in Hünfeld, sie ist die Praxisanleiterin der neuen Kolleginnen.
Sie belegen Anpassungslehrgänge, um einen Kenntnisstand zu erlangen, der es ihnen erlaubt, die Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpflegerin zu tragen.
Sabrina Junker unterstützt sie dabei. Einmal die Woche treffen sich alle drei und gehen unter anderem Fallbeispiele durch. Da die dafür nötigen Unterlagen auf Deutsch sind, verbessern Patty und Yao gleichzeitig ihre Sprachkenntnisse.
Die nutzen sie in unserer Klinik bereits täglich. „Mit den Kollegen und Kolleginnen spreche ich Deutsch“, sagt Patty. „Mal verstehe ich sie, mal weniger.“
Zur Not greift sie zu Hilfsmitteln, nutzt ihr Smartphone zum Übersetzen. Das Team hingegen verstehe schon jetzt immer, was sie sage.
Ohnehin das Team: Die zwei Frauen fühlen sich an ihrer neuen Arbeitsstelle super aufgehoben. „Die Kollegen sind nett, freundlich und hilfsbereit“, sagen beide.
„Sie fragen uns immer, ob es uns gut gehe und ob wir glücklich seien.“ Und als sie Covid gehabt habe und zuhause habe bleiben müssen, sei sie gut unterstützt worden, sagt Patty.
„Mir wurde geholfen, einen Termin beim Hausarzt zu bekommen, und ich wurde auch dorthin begleitet.“
Eine weitere große Stütze ist Mentorin Sabrina Junker. „Sie hat mir unter anderem dabei geholfen, ein 49-Euro-Ticket zu bekommen“, sagt Yao.
Außerdem sei das Lernen mit ihr super. Auch auf die Leute von der Agentur CVC können sich beide weiterhin verlassen.
Deren Betreuung endet eigentlich nie, auch wenn sie gezielt auf die Selbständigkeit ihrer Schützlinge hinarbeitet, damit die Integration möglichst erfolgreich ist.
Und Integration bedeutet nicht nur, sich möglichst gut in die Arbeitswelt einzufügen. Auch die Zeit abseits des Jobs gilt es zu nutzen.
Während ihrer Freizeit halten Patty und Yao per Whatsapp Kontakt zu einer Praktikantin von ihrer Station. Außerdem haben sie Menschen kennengelernt, mit denen sie immer wieder Volleyball spielen.
Dennoch haben beide immer wieder Sehnsucht nach Dingen und Menschen aus der Heimat. Yao vermisst zum Beispiel den Papayasalat, den sie dort fast täglich gegessen hat. Und natürlich ihre Großmutter. Mit Hilfe einer Cousine videotelefoniert sie immer wieder mit ihr.
Auch Patty hält zu Freunden und Familie Kontakt per Videocall. Drei- bis viermal die Woche sprechen sie miteinander. „Sie vermissen mich sehr.“
Und natürlich ist für beide vieles noch immer ziemlich neu in Deutschland. Kein Wunder, so lange leben sie ja nun wirklich noch nicht hier.
„Ich habe oft Angst“, sagt Yao. „Da bin ich froh, dass ich Patty habe.“ Aber sie spürt auch, dass sie sich Monat für Monat mehr wie zuhause fühlt.
Genauso geht es ihrer besten Freundin, WG-Mitbewohnerin und Kollegin Patty: „Ich fühle mich wohl und habe hier alles, was ich brauche.“
Informationen zu Patty und Yao
Patty
Bürgerlicher Name: Phatraporn Poromsai
Alter: 26
Geburtsort: Samut Sakhon
Abschluss: Bachelor in Nursing Science and Midwifery
Beruf in Thailand: Krankenschwester
Yao
Bürgerlicher Name: Yaowapa Matsombat
Alter: 36
Geburtsort: Kalasin
Abschluss: Bachelor in Nursing Science and Midwifery
Beruf in Thailand: Krankenschwester