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Der alte Pfarrer geht, die Neue bleibt – Verabschiedung von Gerald Kotsch in Dermbach 26.2.23

Gastbeitrag von Julia Otto

Über zwei Jahrzehnte hat Pfarrer Gerald Kotsch (66) die Menschen in Dermbach begleitet. Am 28. Februar geht er mit einem Jahr Verspätung in den Ruhestand.

Superintendent Christoph Ernst entpflichtet und verabschiedet den Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Dermbach am Sonntag, 26. Februar, 09.30 Uhr in der Dreieinigkeitskirche.

Im Anschluss lädt der Gemeindekirchenrat alle zu einem Empfang in die Schlosshalle ein.

Eigentlich sollte bereits im vergangenen Jahr Schluss sein, spätestens nach der Konfirmation von Sohn Jakob im Mai. Eine würdige Nachfolgerin war mit Silke Glöckner für die Gemeinde bereits seit Längerem gefunden.

Doch dann bat ihn der damalige amtierende Superintendent Alfred Spekker, bis zum Ende der Elternzeit von Pfarrerin Glöckner weiterzumachen. Nun will sich der Pfarrer komplett aus der Kirchgemeinde zurückziehen.

„Nur so kann ungestört eine neue Etappe der Gemeinde auf dem Weg durch die Zeit beginnen,“ so Gerald Kotsch.

Er blickte zurück auf die verschiedenen Stationen, die ihn während seines Berufslebens auf unterschiedliche Weise geprägt haben. „Es war überall schön.“

In Ballstädt (Gotha) geboren, lernte er zunächst Koch im Schloss Reinhardsbrunn. Der Zugang zum Abitur blieb ihm zu DDR-Zeiten aus politischen Gründen verwehrt. Dies war keine leichte Zeit für Gerald Kotsch.

„Ich habe eine Stasi-Akte, die meine Kinder heute ganz interessant finden,“ erzählt Kotsch. Anschließend studierte er an der kirchlichen Hochschule in Leipzig Theologie.

Schon als Vikar kam er nach Haina, in eine Pfarrstelle, die 30 Jahre lang vakant war. 1994/95 betreute er zehn kleine Gemeinden in der Oblast Kaliningrad (früher nördliches Ostpreußen) im russischen Gusev.

Ab 1996 folgte er einem Ruf der EKD in die Pfarrstelle der Deutschen-Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Kiew. Während seines vierjährigen Aufenthalts in dem Land wurde die zweckentfremdete St. -Katharinenkirche neu aufgebaut.

In Kiew lernte er dann auch Ehefrau Felicitas kennen, die für die Deutsche Bank in der deutschen Beratergruppe Wirtschaft bei der ukrainischen Regierung tätig war.

In dieser Zeit entstanden viele persönliche Kontakte zu den Menschen in der Ukraine. Nach Kriegsbeginn vor einem Jahr war es beiden ein großes Anliegen, die Unterbringung eines Flüchtlingstransportes in Dermbach zu organisieren.

Von der Millionen-Metropole in die beschauliche Rhön

Im Anschluss zog es das Paar wieder zurück nach Deutschland. Durch Hinweise aus dem Freundeskreis wurde Gerald Kotsch aufmerksam auf die freie Pfarrstelle in Dermbach. Nach erfolgreicher Wahl durch den Gemeindekirchenrat zogen beide aus der Millionenmetropole Kiew im August 2001 nach Dermbach.

„Das war besonders für meine Frau eine große Umstellung, sie hatte zuvor nie auf dem Land gelebt,“ erzählt der Pfarrer.

Er ist sich sicher: Aus heutiger Sicht war es gut, dass im Pfarrhaus ein gemischt-konfessionelles Ehepaar einzog. So ergab sich eine enge ökumenische Zusammenarbeit in der Gemeinde.

Mit viel Engagement, Herzblut und guten Ideen begeisterte und motiviert das Ehepaar bis heute Menschen für den Glauben. Das kulturelle und gemeinschaftliche Leben im Ort haben sie maßgeblich mitgeprägt.

Um sich dabei immer wieder neu zu reflektieren, wurde alle zwei Jahre eine Klausurtagung des Gemeindekirchenrates einberufen.

„Hier haben wir immer wieder hinterfragt, was funktioniert noch, was können wir weglassen und was können wir Neues probieren,“ so Gerald Kotsch.

Von 2010 bis 2011 an übernahm Gerald Kotsch für ein gutes Jahr das Amt des stellvertretenden Superintendenten im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach.

Nah dran an der Gemeinde

Sich selbst nicht zu wichtig nehmen, aber trotzdem mit Engagement und Mut seine Aufgaben zu erfüllen, das war ein Stück weit auch sein Lebens- und Berufsmotto.

Als Ansprechpartner für die Mitarbeiterinnen der Sozialstation, die in Trägerschaft der Kirchgemeinde liegt, hatte Pfarrer Kotsch all die Jahre ein offenes Ohr. Wichtig war ihm auch immer die Begleitung der Menschen in Krankheit, im Sterben und im Tod.

„Den Menschen zu zeigen, ich bin da auch in schweren Zeiten, das ist gelebtes Evangelium.“ So nahm sich der Pfarrer auch immer Zeit für viele Besuche in seiner Gemeinde.

Er ist der Meinung: Strukturveränderung sind sinnlos, wenn die seelsorgerliche Begleitung in den Gemeinden immer weniger wird. Bei den Menschen zu sein, geschieht nicht nur durch das Angebot von Gottesdiensten, sondern auch indem Kirche zu den Menschen geht.

In Dermbach ist Feierabend

Dass er so lange in Dermbach bleiben würde, war zu Beginn nicht absehbar, weil es nach seinen Erfahrungen „immer auch sinnvoll ist, die Gemeinde nach 10 Jahren zu wechseln“.

Nun sind die dreifachen Eltern heimisch geworden in der Region – und bleiben in ihrem Eigenheim in Dermbach.

„Unsere Kinder haben hier ihre Heimat und sind zu echten Rhönis geworden,“ so der Pfarrer. Für Felicitas Kotsch sei ein Umzug ebenfalls „undenkbar“.

Nach einem halben Jahr Krankheit ist der Pfarrer nun wieder auf dem Weg der Besserung. Dem Ruhestand schaut er froh und dankbar entgegen. In Dermbach sei nun endgültig „Feierabend“.

Seine Nachfolgerin soll ungestört arbeiten können. „Ich will nicht ständig wie der Kuckuck aus der Uhr hineinfunken.“

So lange es ihm seine Gesundheit erlaube, wolle er gerne überlasteten Kollegen und Kolleginnen in anderen vakanten Stellen unter die Arme greifen.

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