Gastbeitrag von Anna-Lena Bieneck
Leben Sie gern in der Rhön? Wie hat sich die Lebensqualität in der Rhön in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Kaufen Sie regelmäßig regionale Produkte aus der Rhön?
Wissen Sie, was das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön ist – und kennen Sie die Arbeit der Verwaltungsstellen und Trägervereine und deren Projekte? Welche Wahrnehmung, Einstellung und welche Meinung haben sie dazu?
Fragen wie diese haben 1002 Menschen, die im Biosphärenreservat leben, in diesem Jahr im Rahmen einer repräsentativen Meinungsumfrage beantwortet.
Die wichtigsten Ergebnisse haben die drei Verwaltungsstellen und das beauftragte Forschungsinstitut forsa aus Berlin am Freitag bei einer virtuellen Pressekonferenz vorgestellt.
Die gesellschaftliche Akzeptanz des Biosphärenreservats ist Voraussetzung für ein gutes Gelingen der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. Ein „Stimmungsbild“ in der Bevölkerung liefert den Verwaltungsstellen in Bayern, Hessen und Thüringen eine wertvolle Grundlage, um Optimierungspotenzial erkennen und die künftige Arbeit und Kommunikation festlegen zu können.
Bereits in den Jahren 2002 und 2010 sind daher im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön repräsentative Meinungsumfragen durchgeführt worden.
In diesem Jahr wurde die Befragung auf das 2014 hinzugekommene bayerische Erweiterungsgebiet ausgeweitet.
In diesem Erweiterungsgebiet leben 40 Prozent der Biosphärenreservat-Bevölkerung. Um die direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, wurde die gleiche Methodik angewendet: Im Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 1.002 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen befragt, die, wie bereits 2002 und 2010, nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählt wurden.
Die Befragung richtete sich an alle innerhalb des Gebiets des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön lebenden deutschsprachigen Personen ab 14 Jahren in Privathaushalten.
Federführend für die Beauftragung der Meinungsumfrage an die forsa GmbH war die Bayerische Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön.
Die wichtigsten Ergebnisse
Gute Lebensqualität – die Rhönerinnen und Rhöner leben gern hier
Der Ergebnisse zeigen eine hohe Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit der Rhön. Die große Mehrheit der Befragten lebt schon lange in der Rhön – und sie lebt dort auch gerne: Mehr als 90 Prozent bewerten die Lebensqualität als gut oder gar sehr gut.
Die Bewohnerinnen und Bewohner sind stolz darauf, aus der Rhön zu sein und kennen und nutzen eine Vielzahl regionaler Produkte. Sie verbinden mit der Rhön eine schöne Landschaft, Ruhe und Geborgenheit, hochwertige regionale Nahrungsmittel sowie intakte Natur.
87 Prozent denken bei „Rhön“ auch an das UNESCO-Biosphärenreservat.
Begriff Biosphärenreservat
Jede/r zweite Befragte gibt an, mit dem Namen „UNESCO-Biosphärenreservat Rhön“ sehr vertraut zu sein. Allerdings geben auch etwas mehr als 10 Prozent – und somit etwas mehr als im Jahr 2010 – an, dass ihnen der Name gar nichts sagt. Darunter sind besonders viele jüngere Befragte (unter 30 Jahren).
Mehrheit weiß nicht, dass sie im Biosphärenreservat leben
Generell scheint das Wissen über das Biosphärenreservat durchaus noch ausbaufähig zu sein: Von den Befragten, die zumindest eine ungefähre Vorstellung vom Biosphärenreservat haben, wissen nur 14 Prozent, wie viele Jahre es das Großschutzgebiet ungefähr gibt.
Der Mehrheit ist zudem überhaupt gar nicht bewusst, dass sie innerhalb des Biosphärengebiets leben – einige gaben an, es nicht genau zu wissen, und 55 Prozent antworteten sogar, ihr Wohnort würde außerhalb der Kulisse liegen.
Aufgaben und Ziele des Biosphärenreservats
Die Frage danach, welche Aufgaben und Ziele das UNESCO-Biosphärenreservat hat, zeigt, dass die Themen Natur- und Landschaftsschutz sowie Tier- und Pflanzenschutz die Wahrnehmung der Bevölkerung prägen.
Tourismus, Landbewirtschaftung und die Vermarktung lokaler Produkte – ebenfalls wichtige Themen- und Aufgabenfelder, genau wie Bildung und Forschung – werden deutlich seltener genannt.
Rhönschaf als „Star“ des Biosphärenreservats
Der Naturschutz und das Rhönschaf sind die bekanntesten Projekte, Angebote oder Produkte des UNESCO-Biosphärenreservats. Aber auch von den Befragten, die mit dem Biosphärenreservat vertraut sind oder zumindest eine ungefähre Vorstellung davon haben, können rund 40 Prozent keine Projekte, Angebote oder Produkte des Biosphärenreservats nennen.
Vier von fünf haben einen guten Eindruck vom Biosphärenreservat
Die Einstellungen zum UNESCO-Biosphärenreservat sind weiterhin sehr positiv: Dass es das Biosphärenreservat gibt, finden die Befragten vorwiegend sehr wichtig, vier von fünf Befragten haben insgesamt einen guten Eindruck vom UNESCO-Biosphärenreservat, und eine große Mehrheit nimmt zutreffender Weise ein positives Meinungsklima in der Rhön wahr.
Einfluss des Biosphärenreservats auf die Region
Mehrheitlich sind diejenigen, die eine ungefähre Vorstellung vom UNESCO-Biosphärenreservat haben, der Meinung, dass das Biosphärenreservat ein Vorbild für viele Gegenden in Deutschland und im Ausland ist und dass es die Rhön auch für viele interessant macht, die sonst nicht herkommen würden.
Zwei Drittel bescheinigen dem UNESCO-Biosphärenreservat zudem einen positiven Einfluss auf das Zusammengehörigkeitsgefühl der Rhön-Bewohnerinnen und -Bewohner in den drei Bundesländern.
Persönliche Vorteile aufgrund des Biosphärenreservats
Private oder berufliche Vorteile durch das UNESCO-Biosphärenreservat sehen zwar nur wenige Befragte, eine Mehrheit sieht allerdings Vorteile für die Region Rhön – insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Naturschutz sowie Tourismus.
Mehr als ein Drittel der Befragten hat den Eindruck, dass durch das Biosphärenreservat neue Arbeitsplätze in der Region entstanden sind. Einen negativen Einfluss des Biosphärenreservats auf den Arbeitsmarkt in der Region sieht fast niemand.
Einschränkungen aufgrund des Biosphärenreservats
Eine Minderheit der Befragten stört sich an Auflagen für die Forst- und Landwirtschaft oder bemängelt Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, die es nur in besonders geschützten Bereichen des Biosphärenreservats gibt (z.B. in Naturschutzgebieten oder Kernzonen).
Aber fast niemand ist der Ansicht, dass die Nachteile für die Region überwiegen. Der Anteil der Personen, die angeben, dass es zu viele Verbote und Einschränkungen gibt, liegt mit rund 20 Prozent auf dem gleichen Niveau wie im Jahr 2010.
Arbeit der drei Verwaltungsstellen
Zwei Drittel der Befragten, die zumindest eine ungefähre Vorstellung vom UNESCO-Biosphärenreservat Rhön haben, wissen von den drei Verwaltungsstellen in Bayern, Hessen und Thüringen, und die Mehrheit davon ist der Ansicht, dass diese gute Arbeit leisten und dass dort engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind.
Dennoch gibt mehr als die Hälfte der Befragten an, dass oft nur schwer nachvollziehbar ist, warum etwas im UNESCO-Biosphärenreservat unterstützt oder verhindert wird, und nur wenige Befragte sind der Ansicht, dass die Verwaltungsstellen weniger bürokratisch sind als andere Behörden.
Daraus könnte sich als Auftrag ergeben, Entscheidungen künftig noch besser zu kommunizieren und nachvollziehbar zu erklären, da von der Bevölkerung in diesem Bereich noch keine Fortschritte wahrgenommen wurden.
…und jetzt?
„Insgesamt sind wir sehr glücklich über die Analyse“, betont Ulrike Schade, Leiterin der federführenden Thüringer Verwaltungsstelle.
„Sieben von zehn Befragten halten das Biosphärenreservat für wichtig, 61 Prozent sehen Vorteile durch das Biosphärenreservat für die Region.“ Es gibt aber durchaus auch Baustellen.
„Wir werden die Ergebnisse genau analysieren und in den Feldern tätig werden, wo wir als Verwaltungsstellen handeln können“, erklärt Dr. Doris Pokorny, Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle.
„2002 wusste zum Beispiel weniger als ein Drittel, dass ihr Wohnort im Gebiet des Biosphärenreservats liegt. Darauf haben wir reagiert – zum Beispiel mit Schildern, die an allen Ortseingängen am Ortsschild installiert wurden.
2010 war die Zahl derer, die sich der Biosphärenreservat-Zugehörigkeit bewusst sind, schon deutlich größer – in 2022 sieht das Ergebnis leider wieder rückläufig aus, obwohl die Schilder alle noch da sind. Hier hätten wir mehr erwartet und werden nach geeigneten Lösungen suchen.“
Die Ergebnisse der Umfrage sollen mit unterschiedlichen Akteursgruppen im Detail besprochen und bewertet werden und künftig in die Arbeit und Projekte einfließen.
Das passiert nicht nur intern in den Verwaltungsstellen, sondern zum Beispiel auch im Beirat des Biosphärenreservats und in Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern wie der Rhön GmbH.
„Die Ergebnisse haben unter anderem gezeigt, dass die Nachfrage nach regionalen Produkten zwar steigt – das ist erfreulich. Bei der Bekanntheit dieser Produkte besteht allerdings noch Optimierungspotenzial – genauso im Bereich Verkehr und Infrastruktur“, sagt Torsten Raab, Leiter der Hessischen Verwaltung.
Daher seien auch die sechs Rhön-Landkreise wichtige Partner. Dr. Doris Pokorny ergänzt: „Wir werden auch Studierende aus den Bereichen Gesellschafts-, Sozial- und Politikwissenschaften dazu anregen, sich tiefergehend mit den Ergebnissen zu befassen und mit den Rohdaten der Umfrage zu arbeiten.“
Schon jetzt sehen die Verwaltungen in den Ergebnissen den dringenden Auftrag, in der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation einen stärkeren Fokus auf die Zielgruppe der jüngeren Erwachsenen zu legen.
Bei der Entwicklung der länderübergreifenden Kommunikationsstrategie, die die Verwaltungsstellen gemeinsam mit dem Verein Natur- und Lebensraum Rhön und dem Verein Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön umsetzen werden, wird dieses Ziel daher im Vordergrund stehen.
Die Ergebnisse der Meinungsumfrage fließen in den Evaluierungsbericht ein, der im Jahr 2023 an die UNESCO übergeben wird. Der Beurteilung müssen sich alle UNESCO-Biosphärenreservate im Turnus von 10 Jahren unterziehen.
Konkrete Zahlen und Grafiken, den ausführlichen Ergebnisbericht sowie die Berichte aus den Jahren 2002 und 2010 finden Interessierte auf der Homepage des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön unter www.biosphaerenreservat-rhoen.de/meinungsumfrage