Im Rahmen ihrer Erinnerungs- und Bildungsarbeit präsentiert die Gedenkstätte Point Alpha die neue Sonderausstellung „Leseland DDR“. Texte, Bilder und Videos laden dazu ein, die Geschichte der DDR im Spiegel ihrer Literatur (neu) zu erkunden.
Es ist ein ungewöhnliches Abenteuer für Bücherfreunde und ein eindrucksvolles Stück Aufarbeitung der SED-Diktatur, das ab sofort im Sonderausstellungsraum im Haus auf der Grenze erlebbar ist.
Wer kennt ihn nicht, den geheimnisvollen Geruch alter Bücher, der einem beim Öffnen verstaubter Kisten entgegenkommt, beim Besuch einer Bibliothek oder eines verwinkelten Antiquariats.
Ein Geruch, der an fast vergessene Geschichten erinnert, die beim Blättern durch die Bücher zum Leben erweckt werden. Der Geruchssinn wird zwar durch die informative Plakatschau nicht angesprochen, aber 20 Ausstellungstafeln laden die Besucher mit Texten, Bildern und Videos auf Point Alpha zu einer anschaulichen Zeitreise durch das „Leseland DDR“ ein.
Ein Land, dessen Obrigkeit an die Macht des geschriebenen Wortes glaubte und es zugleich fürchtete. Wo das Lesen und Schreiben mit großem Aufwand gefördert wurde, während politisch unerwünschte Literatur in Bibliotheken nur mit einem Giftschein zugänglich war und Post und Reisende aus dem Westen nach Gedrucktem gefilzt wurden.
„Leseland DDR“ erzählt vom Eigensinn der Menschen, die sich ihre Lektüre nicht vorschreiben lassen wollten, die für rare Bücher Schlange standen und auf der Leipziger Buchmesse so manchen begehrten Titel westdeutscher Verlage heimlich in die Tasche steckten.
Die Tafeln der Ausstellung laden aber auch in die Welt der Märchen, Krimis und Science-Fiction ein, sie berichten von der Literatur aus der Sowjetunion, den schreibenden Arbeiterinnen und Arbeitern des sozialistischen Realismus, und sie lassen auch in alte Kochbücher blicken.
Die Schau wirft Schlaglichter auf die grenzüberschreitende Kraft, die die deutsch-deutschen Schriftstellerkontakte, das Radio und Fernsehen, aber auch die Bücher entfalteten, die Weltreisen über die Mauern des Landes ermöglichten.
Mit Schriftstellerinnen und Schriftstellern in der Friedlichen Revolution und der DDR als Thema in der Gegenwartsliteratur endet die Zeitreise.
Autor der Ausstellung ist der Historiker und Publizist Stefan Wolle, wissenschaftlicher Direktor des Berliner DDR Museums und einer der besten Kenner der ostdeutschen Zeitgeschichte seit 1945.
Die Bundesstiftung Aufarbeitung stellt die Ausstellung zur Verfügung, die für Öffentlichkeit bis zum 31. Dezember 2022 zugänglich ist.