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Richard Dölker aus dem Kohlgraben – Ein fast vergessener Künstler der Rhön

Gastbeitrag von Michael Knauf

Im November dieses Jahr jährt sich zum 67. Mal der Todestag des Batikmaler Richard Dölker, der sich nicht nur durch zahlreiche Ausstellungen in Thüringen, sondern auch in anderen Landesteilen Deutschlands sowie im Ausland als Meister seines Fachs einen renommierten Namen gemacht hatte.

In einem uralten Stein-und Lehmhaus, noch aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges stammend, unterhielt Herr Dölker über zwanzig Jahre seine Werkstatt.

Er und seine Familie wirkten zusammen mit einem kleinen Kreis an Schülern, weit abgeschieden, an einem verkehrsfernen Winkel der Vorder-Rhön, in der Nähe der Stadt Vacha.

Das Wohnhaus und die Werkstatt befanden sich etwas abseits der alten Straße zwischen Völkershausen und Wölferbütt, im Kohlgraben.

Man sagt: „Der Kohlgraben wäre ganz früher der Sommersitz der Grafen von Völkershausen gewesen!“ Später war er das Haus derer von Wurms (1789 – 1918).

Herr Dölker wurde am 18.Juni 1896 in Schönberg (Schwarzwald) als siebtes Kind des Pfarrers Georg Dölker geboren. Nach dem Schulbesuch in Esslingen am Nekar, absolvierte er von 1912 -1914 die Kunstgewerbe Schule in Stuttgart.

Von 1914 -1918, Einberufung zum Kriegsdienst, als kaiserlicher Soldat im Ersten Weltkrieg. Nach Beendigung des Kriegs studierte er noch zwei Semester an der Kunstgewerbe Schule bei Professor Schneider in Stuttgart.

Von 1920-1924 erfolgte eine lebhafte Wanderschaft durch Italien und Sizilien. Seit 1925 sesshaft in Vietri sul Mare als Keramiker und unter dem Namen Riccardo Dölker.

Inspiriert durch eine Batik-Ausstellung im Vatikan 1928, erste Arbeiten und Versuche in dieser Kunst-Richtung .Von 1930 an batikte Herr Dölker hauptsächlich, es wurden die Farben Indigo und Sogo verwendet.

Schon ab dem Jahr 1935 kamen die ersten Rapidogen-und Indanthrenfarben zum Einsatz.1933 erfolgte ein Wohnsitzwechsel nach Luino am Lago Maggiore in der Region Lombardei (Oberitalien). Bedingt durch den Annexions-Krieg von Mussolinis-faschistischem Italien in Abessinien (Kaiserreich Äthiopien) kehrte Herr Dölker 1935 nach Deutschland zurück.

Ab 1935 war die Familie Dölker, mit einem fest gegründeten Familienbetrieb, am Kohlgraben in der Rhön ansässig. Über der großzügigen Eingangstür zu seinem Atelier steht noch heute der von ihm angefertigte Spruch: „1935 Raum im Herzen Schafft Raum im Hause“.

Von 1940 bis 1945 musste Herr Dölker zur deutschen Wehrmacht und war auf verschiedenen Schlachtfeldern der West-und Ostfront als Offizier im Einsatz. 1946 kehrte er wohlbehalten aus der Kriegs-Gefangenschaft nach Hause in die Rhön.

In den kreativen Jahren von 1950 – 1952 leitete er mehrere Ausstellungen in Düsseldorf und Oberhausen sowie in Stuttgart und in Karlsruhe.

Eine seiner größten Ausstellung konnte er 1951 im Grassi-Museum in Leipzig platzieren, danach erfolgte eine Wanderausstellung durch sämtliche größere Städten in der ehemaligen DDR.

Seine schöpferische Arbeit wurde sehr gewürdigt, es erfolgten viele Ankäufe durch Museen und er bekam einige lukrative öffentliche, sowie staatliche Aufträge. Ab 1950 gab Herr Dölker in den Sommermonaten Zeichen- und Batikkurse und es waren regelmäßig Schüler, die er in einzigartiger väterlicher Weise förderte, am Kohlgraben.

Auch noch, als Herrn Dölker ein bösartiges Rückenmarksleiden schon seit Jahr und Tag fast bewegungsunfähig machte, war er immer noch die lebendige Seele dieses Hauses, voll sprühender Einfälle und Pläne, unaufhörlich die Schaffensfreude der anderen Mitarbeiter beflügelnd.

Seine Frau Elsie, selbst eine begnadete Keramikerin von einer starken eigenwilligen Begabung und seine Tochter, von Kind auf im Handwerk ihres Vaters hinein gewachsen, standen ihm vor allen als treue Weggefährten stets zur Seite.

Gewiss war es zum Teil die Technik der Batikmalerei, welche die künstlerischen Ausdruckmöglichkeiten von Herrn Dölker prägten. Doch in wie vielfältiger Weise hat er sie ausgeweitet.

Seine vom Teppich und Gobelin her bekannte Zweidimensionalität für die Darstellung der Gleichzeitigkeit einer Szene und der in ihr mitwirkenden Gestalten in eindringlicher Vereinfachung herangezogen.

Oder auch fries-und läuferartig eine ganze Abfolge von Bildern in ihrem inneren Sinn und Zusammenhang abrollen lassen. Immer wieder waren biblische Motive, oft aus dem Alten Testament stammend, die ihn in seiner angeborenen Erzählerfreudigkeit zu lebendigster Gestaltung lockten.

Aus dem gleichen Impuls waren auch die profanen Themen gewachsen. Durch alle seine Schöpfungen ginge die gleiche Andacht zum Leben; über allem lag der gleiche Sternenglanz der Lebensbejahung, in der immer wieder Lichter eines warmen Humors aufblitzten.

Doch blieb nichts vordergründig darin, der bloßen Abschilderung des Augeneindrucks gewidmet. Immer war es gleichzeitig eine Übersetzung, die das Wesen der Erscheinungen sichtbar und plastisch machte und es leuchtete die Transzendente dahinter auf, dass allem irdischen Geschehen Rahmen und Hintergrund gibt.

Durch den Meister Herr Dölker wurde die Batik als Maltechnik zu einem neuen Zweig der bildenden Kunst und fand weltweit große Anerkennung.

Die fleißigen und profilierten Holzschnitzer von Empfertshausen fertigten bis 1961 Jahrzehnte lang die Modeln für Blaudrucke.

Nach dem Tod von Herrn Richard Dölker am 07. November 1955 (er hatte sechs Kinder, fünf Jungen und ein Mädchen), führte seine Tochter Susanne sechs Jahre die Batikwerkstatt ihrer Eltern mit sehr großem Erfolg und mit internationaler Anerkennung weiter.

Durch Probleme mit den ehemaligen DDR-Behörden und wegen des in der unmittelbaren Nähe beginnenden 5 km-Sperrgebietes, verließen Frau Susanne Dölker und ihre Mutter, während der Weihnachtsfeiertage 1961, die geliebte Heimat in der thüringischen Vorder-Rhön.

Sie wagten einen Neuanfang und nach einigen Stationen bauten sie sich eine neue Werkstatt mit Atelier in Winzenweiler (Baden-Württemberg) mit großem Erfolg auf.

Die Grabstätte von Herrn Dölker befindet sich auf dem Friedhof von Völkershausen, direkt hinter der Kirche auf der Sonnenseite.

Mit einem einzigartigen schmiedeeiseren Grabschmuck, anstelle eines Grabsteines, gefertigt von dem renommierten Eisenacher Kunstschmied Herr Laufer. Der eingearbeitete Trauerspruch lautet: „Er lebte beglückt und beglückend, durch Heiterkeit, Lieb und Kunst“.

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