Gastbeitrag von Wolfgang Weber
Minus 19,5 Grad Celsius zeigt das Thermometer, die Temperaturen morgens auf dem Rasdorfer Hummelsberg sind knackig. Bei dem prominenten Extremsportler, der gut gelaunt am Eingang des US Camps auftaucht, erzeugt das aber keine Gänsehaut.
Joseph „Joey“ Kelly, legendäres Mitglied der Kelly Family, ist vermutlich der Pop-Star mit der größten Widerstandsfähigkeit, der besten Kondition und mit dem längsten Atem. Im Rahmen seiner aktuellen Challenge „Grünes Band“ legte der 48-Jährige jetzt einen Zwischenstopp an der Gedenkstätte Point Alpha ein.
Dort machte er sich in den Ausstellungen des ehemaligen „Observation Post Alpha“ ein Bild über die Konfrontation der Machtblöcke, über militärische Strategien, das Wettrüsten und über den Dienst der GIs an der „Grenze der Freiheit“.
Gegenwärtig erkundet Joey Kelly per pedes das „Grüne Band“, das sich als einstiger Todesstreifen zwischen West und Ost über rund 1400 Kilometer durch 150 Naturschutzareale schlängelt und dessen Weg direkt zwischen Geisa und Rasdorf am authentischen Geschichtsort vorbeiführt. In vier Etappen erwandert der Abenteurer in vier Jahreszeiten den einstigen „Eisernen Vorhang“. Gestartet ist er an der Ostsee, Ziel ist die tschechische Grenze im Dreiländereck bei Hof.
Im Schlepptau hat er seinen 20-jährigen Sohn Luke, der für die Logistik sorgt und das Begleitfahrzeug steuert, einen alten VW-Bully, in dem beide auch übernachten. Nach der Devise „Marathon sei nur was zum Warmmachen“, will Kelly den Naturgürtel zu Fuß erobern. Für ihn sicherlich ein Klacks, denn er kann alles – außer faul sein.
Er durchquerte Deutschland von der Nordsee bis zu den Alpen, stapfte bei klirrendem Frost zum Südpol, lief bei glühender Hitze durch die Sahara und meisterte weitere extreme Touren in den unwegsamsten Gebieten der Welt.
Drei Stunden lang lässt sich der Extremsportler von Sebastian Leitsch, dem Geschäftsführer der Point Alpha Stiftung, die martialischen und stummen Zeugen des Kalten Krieges zeigen, spitzt aufmerksam die Ohren als es in den Unterkunftsbaracken des US Camps um den möglichen Einsatz von Atomsprengköpfen im Fulda Gap (der Fuldaer Lücke) geht, ist wissbegierig und fragt nach.
„Was man hier sieht und erfährt, ist einfach phänomenal“ staunt der Entertainer, „ob in den Ausstellungen oder auf dem gesamten Gelände, hier in der Gedenkstätte Point Alpha wird einem bewusst, dass der Weltfrieden für lange Zeit Spitze auf Knopf stand.“
Vern Croley aus Rasdorf, ehemaliger US-Soldat des 11th Armored Cavalry Regiment „Blackhorse“, erläutert mit seinen lebendigen Erzählungen die Anforderungen, die im professionellen Dienst an die Soldaten im OP Alpha gestellt wurden.
„Unser Projekt „Grünes Band“ ist nicht nur so gut, wie wir es uns anfänglich gedacht haben, sondern noch viel spektakulärer und spannender. Insbesondere die Zeitzeugen, die uns unterwegs über ihre gefährlichen Fluchtversuche und über Minenfelder berichten oder die einen besonderen Bezug zur deutschen Historie mit ihren teilweise traurigen und tragischen Geschichten haben, bereichern 30 Jahre nach der Wiedervereinigung unser Projekt“ berichtet der Musiker.
Die Erlebnisse werden von einem Kamerateam für eine Dokumentation von „Stern-TV“ für den Fernsehsender RTL mitgeschnitten.
Später sollen die Eindrücke darüber hinaus auch in einem Buch im renommierten Verlag National Geographic veröffentlicht werden. Beides soll dank der spannenden Begegnungen und faszinierenden Momente der einzigartigen Natur- und Erinnerungslandschaft des Nationalen Naturmonuments „Grünes Band“ gerecht werden.
Infokasten: Vom Todesstreifen zur Lebenslinie – das Grüne Band
Das Grüne Band bildet den größten Biotopverbund Deutschlands, es ist eines der größten und bedeutendsten Naturschutzprojekte Europas:
• 1.378 Kilometer lang war die deutsch-deutsche Grenze
• 50 bis 500 Meter in der Breite erstreckt sich das Grüne Band von Travemünde bis zum Länderdreieck Hof
• 150 Naturschutzgebiete sind inzwischen ausgewiesen
• 1.200 seltene und gefährdete Pflanzen und Tiere haben hier ein besonderes Refugium
• 1989: Im Dezember verabschieden Natur- und Umweltschützer aus Ost- und Westdeutschland die erste Resolution für die Idee „Grünes Band“
• 2003: Das Grüne Band Europa wird offiziell ins Leben gerufen
• 2009: Bei der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes wird das Grüne Band namentlich als Bestandteil des nationalen Biotopverbunds mit aufgenommen
• 2021: Initiativen wollen das Grüne Band Europa als UNESCO-Weltnatur und -kulturerbe sichern