Gastbeitrag von Anne Ullrich
Erinnert ihr euch noch an die Typisierungsaktion für potentielle Stammzellenspender im Dezember letzten Jahres? Seit dem ist einiges an Zeit vergangen und immer wieder werde ich, oder andere der Organisatoren der Aktion, gefragt, wie es Lina überhaupt geht.
„Ihr geht es soweit ganz gut!“ sagt ihre Mama Christin, „Sie ist sehr tapfer und nimmt vieles hin.“ Doch wenn man einmal näher hinschaut, ist es doch nicht so einfach und gut, wie es im ersten Moment wirkt.
Lina bekam nach der Diagnose ihres Rückfalls sofort eine Chemotherapie. Ihre Werte und Ergebnisse fließen seit dem in eine Studie ein, die die Heilungserfolge von Kindern mit ALL (Akute Lymphatische Leukämie) mit Rezidiv (erneute Erkrankung) bewertet. Die diese Studie betreuenden Ärzte aus verschiedenen Städten bestimmen in Absprache mit den behandelnden Ärzten am Uniklinikum Jena Linas Therapieverlauf. So bekam sie erst einmal eine Chemotherapie, bisher 16 verschiedene Medikamente, um die Krebszellen im Blut zu minimieren.
Unter der Chemotherapie hatte Lina teilweise große Schwierigkeiten, die aber eine sehr oft auftretende Nebenwirkung der hoch dosierten Medikamente sind. Die Schleimhäute in Linas Körper entzündeten sich, die Schmerzen waren nur noch mit Morphin ertragbar. Diese großflächigen Entzündungen schwächten Linas Körper sehr, zusätzlich dazu kamen noch andere Infektionen durch ihre geschwächten Abwehrkräfte.
Denn trotz Vernichtung der Krebszellen stieg die Anzahl der Abwehrzellen (Leukozyten) nicht an. Immer wieder erhielt sie Bluttransfusionen, musste die Chemotherapie unterbrechen. Die für sie von den Ärzten vorgesehenen 30 Wochen Hochdosis- Chemo müssen also immer wieder verlängert werden, denn momentan ist sie schon 5 Wochen in Verzug.
Auch zukünftig muss wohl immer einmal mit Komplikationen gerechnet werden, so dass die Gesamtlänge der Therapie mit 118 geplanten Wochen auf keinen Fall eingehalten werden kann.
Doch warum gibt es für Lina keine Stammzellentransplantation, obwohl doch mittlerweile 4 potentielle Spender zur Verfügung stehen, unter Ihnen sogar der „perfekte“ Spender mit Übereinstimmung aller 10 wichtigsten HLA-Merkmale (Gewebemerkmale) und der gleichen Blutgruppe?
Die Antwort ist einfach, denn die Transplantation ist zu gefährlich und wird in der Leukämietherapie nur als letzte Möglichkeit eingesetzt. Linas Überlebenschancen lägen nur bei ca. 20 %. Die Chemos erzielen bei ihr momentan sehr gute Erfolge.
Regelmäßig werden Liquor (Hirnwasser) durch eine Lumbalpunktion und Knochenmark durch eine Beckenkammpunktion entnommen. 7 solcher Kontrollen hatte Lina bisher, die letzte war so positiv, dass unter 20000 Zellen keine Krebszelle mehr nachweisbar war. Weitere werden folgen, denn nur wenn 5 Jahre lang nichts nachzuweisen ist, gilt Lina als geheilt. Nur wenn der Krebs zurückkommt und die Chemos unwirksam werden, bekommt auch Lina eine Stammzelltransplantation.
Linas Mama Christin berichtet von vielen Kindern im Uniklinikum Jena, bei denen die Leukämie erneut diagnostiziert wurde und die sich wieder dort in Behandlung befinden. Nur Wenigen geht es so gut wie Lina, manche Bekannte sind bereits verstorben, andere werden es trotz Ausschöpfung aller Therapiemöglichkeiten und großem Kampf höchstwahrscheinlich nicht schaffen.
Wir alle hoffen, dass es Lina schaffen wird, momentan scheint zumindest alles dafür zu sprechen. Wer in Kaltensundheim zu Hause ist, hat Lina vielleicht schon ein paar Mal gesehen. Sie musste sich durch die Komplikationen in der Therapie erholen. Das durfte sie zu Hause, denn ihre Leukozytenwerte haben sich stabilisiert und nun kann sie auch Freunde treffen. Momentan muss sie nur ins Krankenhaus, um ihre Chemo-Dosen zu bekommen.
Falls es ihr danach gut geht, darf sie nach Hause.
Daheim ist Lina fast die Alte, sie spielt mit Geschwistern, geht auch Freunde besuchen. Ganz überraschen stattete sie ihrer Tanzgruppe vom Kaltensundheimer Karnevalsverein vor einigen Wochen einen Besuch ab. So gerne wollte sie zum Fasching mittanzen, bis der Krebs ihr Vorhaben durchkreuzte.
Die Mädels der Tanzgruppe waren überrascht und zeigten sich sehr begeistert von Linas Besuch. Auch bei bei ihrer besten Freundin Jolina durfte Lina zwischendurch übernachten, anderen können zum Spielen vorbei kommen. Linas Mama Christin sagt darüber:
„Wenn Lina mit Freunden spielt ist es fast so wie früher, als sie noch gesund war. Hier ist sie ausgelassen, freut sich über die willkommene Abwechslung. Es ist sehr überraschend, wie schnell sie zum Alltag zurückkehrt. Lina und wir als Familie schöpfen aus solchen fröhlichen Ereignissen so viel Kraft. Wir müssen ja immer wieder nach Jena, dort ist Lina ganz anders, sehr viel zurückhaltender und in sich gekehrt. Aber sie freut sich auch dort immer wieder auf ihre Freunde zu Hause. Wir sind sehr stolz auf sie, dass sie das alles so gut mitmacht.“
Linas Freundinnen haben sich auch schon an ihre Glatze gewöhnt, denn zu Hause trägt Lina keine Mütze. Sie findet es blöd, weil sie beim Spielen stört und nicht immer angenehm zu tragen ist. Meistens dauert es ein paar Minuten, dann hat man sich dran gewöhnt, berichtet Christin Letsch über Besuche von Freunden. Doch in der Öffentlichkeit möchte sich Lina ohne Mütze noch nicht zeigen.
Weiter sagt ihre Mama, dass es im Alltag, gerade wenn man mit Lina unterwegs ist, manchmal unangenehm ist, denn Lina muss sich bedingt durch die Chemos auch teilweise sehr oft übergeben. Mit dem Mundschutz, den sie dazu abnimmt und wie selbstverständlich sie danach wieder zum Alltagsgeschehen zurückkehrt, muss es auf Unbeteiligte sehr seltsam wirken. Aber so ist das halt bei an Krebs erkrankten Kindern.
Und jetzt komme ich endlich mal zum eigentlichen Sinn dieses Artikels:
Da Linas Therapie noch lange nicht beendet ist, sie seit langem schon viele ihrer Schulkameraden oder andere Freunde nicht mehr gesehen hat und Lina große Menschansammlungen meiden soll, möchten wir eine Grußkartenaktion für Lina ins Leben rufen. Bitten schreibt oder schreiben sie Lina eine Oster- oder Frühlingskarte mit Grüßen, Wünschen, mit bunten Aufklebern, Rätseln oder Witzen, die sie im Krankenhaus aufmuntern.
Oder schickt ihr etwas Gebasteltes oder ein selbst gemaltes Bild, stellt Fragen, die euch Lina und Mama Christin bestimmt beantworten, wenn die Zeit im Krankenhaus wieder einfach nicht vergehen will. Denn Lina lernt ja auch für die Schule, rechnet schreibt, liest und hat auch ihrer Schule schon eine Osterkarte geschickt. Sie kämpft dafür, dass sie nach der Hochdosis-Therapie, wenn auch erst einmal nicht vollständig, wieder mit ihren Freunden zur Schule gehen kann. Sie tut alles dafür, in ihrer Klasse bleiben zu können.
Vielleicht kann Lina ja schon selbst ihre Postkarten lesen und sich dadurch noch mehr motivieren. Ermutigt Lina und ihre Familie, weiter zu kämpfen, denn der Alltag am Uniklinikum Jena ist teilweise sehr erdrückend. Unterstützung mit Worten gibt Hoffnung, Zuversicht und Kraft.
Mama Christin ist sehr ergriffen von jeglicher bisheriger Unterstützung, kann ihre Dankbarkeit gegenüber den Menschen, die Lina und ihrer Familie beigestanden haben, kaum in Worte fassen. Besonders freut sie sich über die anhaltende Anteilnahme an Linas Schicksal und ungebrochene Hilfe von vielen Seiten.
Und deshalb liebe Lina: Mit jeder Postkarte oder jedem Brief erreichen dich ein wenig Unterstützung, sie sollen dir und deiner Familie Mut und Energie geben, das alles gut zu überstehen, damit du endlich und endgültig gesund werden kannst. Lina, du wirst es schaffen!
Ostergrüße an folgende Adresse:
Stichwort -LINA-
Deutsche Post Filiale 526
Katalog-Stübchen
Mittelsdorfer Str. 13
98634 Kaltensundheim