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Stellungnahme Bürgermeister Thürmer zum Kreistagsbeschluss

Rede zum Kreistagsbeschluss zur Fusion der Stadt Kaltennordheim mit den Gemeinden der Hohen Rhön von Eric Thürmer

Einmal im Leben muss jeder nach Canossa gehen, für mich scheint heute der Tag gekommen.

Die in den letzten Wochen intensiv debattiere Frage der Fusion der Stadt Kaltennordheim mit den Gemeinden der Hohen Rhön geht dabei auf einen Fehler der Nachkriegszeit zurück, der unserer Region unvermittelt eine Kreisgrenze beschert hat. Es wäre müßig, auf diesen Fehler zu schimpfen und bringt der Region auch keine Lösung. Bereits nach der deutschen Wiedervereinigung wurde eine historische Chance vertan, mit einer Veränderung der Kreisgrenze die Region zu stärken.

Die Diskussion die wir heute erstmalig im Kreistag führen ist in der Region nicht neu. So hat beispielsweise bereits am 7.09.2012 der VG Vorsitzende der damaligen VG Oberes Feldatal öffentlich geäußert : „Wir halten jedoch nach wie vor eine Erweiterungsoption zur Bildung einer Einheitsgemeinde durch einen kreisübergreifenden Zusammenschluss mit den Mitgliedsgemeinden aus der jetzigen VG „Hohe Rhön“ mit Sitz in Kaltensundheim nachhaltig für sehr sinnvoll, da die vorhandene Gebietsstruktur … nach unserer vollsten Überzeugung die Grundvoraussetzungen für eine perspektivische Zusammenführung aller Rhöngemeinden … schaffen wird“. Diese Apelle für eine Lösung des größten Problems unserer Region wurden in den Folgejahren immer wieder wiederholt.

Ich vermag es nicht zu beurteilen, wie bewusst oder unbewusst sämtliche Hilferufe aus der Region im Landkreis überhört wurde. Jedoch bleibt die Tatsache, dass seither 6 Jahre vergangen sind, bevor sich der Kreistag erstmalig mit der Frage überhaupt befasst.

Dabei wird die Beschlussvorlage samt Begründung der Kreisverwaltung der Bedeutung der Frage für die Region nicht gerecht. Eine sachliche Abwägung sieht an der Stelle anders aus. Während man vor Ort eine Vision mit klarer Zielstellung hat, wie man die Rhön als starke Region entwickeln kann, betrachtet man die Frage aus meiner Sicht sehr einseitig und bemüht sich an der Stelle gar nicht darum, die künftige Entwicklung der Region zu betrachten.

Als kommunalpolitisch engagierte Menschen können wir nicht die Auge davor verschließen, dass die Zeiten der eigenständigen Verwaltungsstrukturen unter 4.500 Einwohnern faktisch vorbei sind. Nach den Fusionen in Tiefenort und in Marksuhl verblieben im Wartburgkreis neben Kaltennordheim lediglich der Moorgrund und Unterbreizbach in dieser Größenklasse. Beides sind jedoch keine Gemeinden, die die Aufgaben eines Grundzentrums erbringen und finanzieren müssen. Aufgrund des Vorhandenseins von möglichen Fusionspartnern im eigenen Landkreis können beide Gemeinde ihre kommunale Eigenständigkeit bis zur letzten Minute bzw. bis zum letzten Euro ausleben.

Im Grundzentrum Kaltennordheim sieht Welt ein wenig anders aus. Das bevölkerungsmäßig kleinste Grundzentrum im Wartburgkreis, als einziges mit einem großen überkreislichen Versorgungsbereich hat im eigenen Landkreis keine Entwicklungsoption. Dazu hat auch die Strukturpolitik im Wartburgkreis einen gewissen Anteil geleistet. In dem Orte wie Zella, Neidhartshausen, Brunnhartshausen nach Dermbach entwickelt wurden (z.B. Schulnetz), hat man der Stadt Kaltennordheim die Möglichkeit genommen, im eigenen Landkreis die 5.000 Einwohnergrenze zu erreichen.

Gleichzeitig wurde im Wartburgkreis auch nie die Debatte geführt, wie man der Stadt Kaltennordheim als eigenständiges Grundzentrum die finanzielle Überlebensfähigkeit sichern könnte. Angesichts des kommunizierten jährlichen Nettoüberschusses der Stadt Kaltennordheim von 1,1 Millionen am Kreishaushalt hätte man große finanzielle Spielräume gehabt, das Geld im Grundzentrum zu lassen und nicht in andere Regionen oder in andere Aufgaben fließen zu lassen.

Weiterhin ist die Beschlussvorlage dafür zu kritisieren, dass unnötigerweise – zum Teil schon fast populistisch – Ängste über den Wegfall von öffentlichen Einrichtungen geschürt werden. Der Wartburgkreis lebt mustergültig die kreisübergreifende kommunale Zusammenarbeit vor. So hat der Wartburgkreis für die Stadt Eisenach eine Drehleiter gekauft, damit die Stadt Eisenach im nördlichen Wartburgkreis die Aufgaben der Stützpunktfeuerwehr wahrnimmt.

Wie seriös ist es, ohne einmal mit der Stadt Kaltennordheim darüber gesprochen haben, ob auch weiterhin diese Aufgabe wahrgenommen wird, den Wegfall der Stützpunktfeuerwehr für den Wartburgkreis zu proklamieren? Fast jedes andere Argument ließe sich an der Stelle wiederlegen. Dies sei dahin gestellt, denn rein rechtlich gibt es unter den aktuellen Rahmenbedingungen für die geplante Fusion keine Option der Kreiszugehörigkeit im Wartburgkreis.

Der Grund liegt daran, dass der Gesetzgeber den 4 eigenständig verbleibenden Gemeinden der Hohen Rhön eine Verwaltung sicherstellen muss, für die aufgrund der Geographie nur Kaltennordheim in Frage kommt. Insofern diskutieren wir bezüglich der Kreiszugehörigkeit heute nicht über den Willen der beteiligten Gemeinden und Landkreises. Dieser Wille spielt keine Rolle. Man kann nur darüber diskutieren, ob man die Überlebensfähigkeit des Grundzentrums durch die geplante Eingemeindung langfristig sichern möchte oder ob man eine Alternative zu dieser Eingemeindung hat.

Diese Aspekte sind in den bisherigen Debatten auf Kreisebene nie vorgekommen, obwohl man 6 Jahre Zeit hatte. Dass der Landkreis um den Erhalt von Kaltennordheim kämpft freut mich. Doch dieser Kampf sollte nicht wie destruktiv und populistisch geführt werden sondern konstruktiv und lösungsorientiert.

Ich habe Zweifel, dass man bei einem derart bedeutsamen Thema in einer ersten Diskussion im Kreistag zu einem Ergebnis kommen kann, zumal man bis zum heutigen Tag nicht eine einzige Alternative diskutiert hat. Nach Auskunft der Landesregierung, soll der Landtag auf den Tag genau in 6 Monaten eine Entscheidung in der Sache treffen. Diese Zeitschiene gäbe auch dem Kreistag die notwendige Zeit, die notwendige Abwägung sachgerecht vorzunehmen und eine alternative Lösung zu prüfen.

Ich frage auch, in welchem Umfang die Fachausschüsse des Kreistages die jeweiligen Aspekte der Fusion erörtert haben. In dem Fachausschuss dem ich angehöre, gab es hierzu bislang keine Debatte, obwohl auch hier eine Betroffenheit besteht

Erik Thürmer
Kreistagsmitglied

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